In Deutschland leben 41,1 Mio. Personen über 16 Jahren die ein Brille tragen. 23,4 Mio. tragen sie ständig, 17,7 Mio. gelegentlich (Stand 2019, Quelle: ZVA). Dieses Marktsegment birgt ein riesiges Potenzial beim Thema Nachhaltigkeit.
Brillenmode
Vor kurzem musste ich mir eine neue Brille kaufen. Dabei habe ich mir natürlich Gedanken darüber gemacht, wie ich das nachhaltig gestalten kann.
Bei mir war es so, dass die Fassung beim putzen am Steg auseinandergebrochen ist. Zum Glück konnte sie der Optiker reparieren, sodass ich nicht von heute auf morgen eine Neue gebraucht habe und in der Zwischenzeit auf Kontaktlinsen angewiesen war. Eine Ersatzbrille mit Sehstärke hatte ich bislang nicht.
Allerdings musste dann doch eine neue her. Der geklebten Stelle vertraue ich nicht zu 100% und die Gläser haben in den letzten Jahren etwas gelitten. So kann ich die Geklebte als Ersatz benutzen und ließ mir eine Neue machen.
Auf zum Optiker.
Ich zeige hier drei Wege wie ihr als Brillenträger auf Nachhaltigkeit achten könnt.
Reparieren
Wie bereits geschrieben können einige Schäden gut repariert werden. Die meisten Fassungen bestehen aus Celluloseacetat, welches aus Pflanzenfasern und Essigsäure hergestellt wird. Da es sich um einen thermoplastischen Kunststoff handelt, lassen sich Bruchstellen schnell kleben. Wartezeit ca. 1 Stunde.
Celluloseacetat wird ebenfalls bei der Herstellung von Zigarettenfiltern eingesetzt (Hier geht´s zum Artikel: Zigarettenstummel verschmutzen die Umwelt). Wenn du mehr über die chemische Zusammensetzung und die Herstellung des vielseitigen Kunststoffs erfahren möchtest, klick hier.
Bei Fassungen aus Celluloseacetat kann es vorkommen, dass die Bügel sich verfärben, bzw einen weißen Schleier bekommen. Außerdem können auch hier Missgeschicke passieren und ein Bügel am Gelenk abbrechen (Hier bereits zweimal passiert. Kinder…). Zum Glück kann auch das in den meisten Fällen repariert werden. Der neue Bügel für meine vorherige Brille hat ca. 17€ gekostet. Die Wartezeit betrug 3 Tage, da ihn der Hersteller erst zum Optiker liefern musste.
Neue Gläser
Der deutsche Durchschnittsbrillenträger gönnt sich alle drei Jahre eine neue Brille. Dies ist natürlich zum Teil dem Umstand geschuldet, dass sich die Sehstärke kontinuierlich verändert. Bei manchen geht dieser Prozess sehr langsam, bei anderen schneller vonstatten.
Doch wenn du neue Gläser brauchst, musst du nicht zwingend eine neue Fassung kaufen. Solange deine Fassung noch gut ist, kannst du die neuen Gläser in die vorhandene Brille einschleifen lassen. Je länger ein bereits vorhandenes Gestell verwendet werden kann, desto besser.
Besonders bei Ersatzbrillen, Sonnenbrillen oder anderen Brillen die nicht permanent benutzt werden lohnt es sich die Fassung längerfristig zu benutzen.
Neue Brille
Doch manchmal kommt man nicht umhin sich eine neue Komplettbrille zu kaufen. Z. B. weil es die erste Brille/Sonnenbrille ist, oder weil die vorherige Fassung irreparabel beschädigt ist.
Im Jahr 2021 wurden 12,8 Mio. Komplettbrillen verkauft.
90 % davon hatten Kunststoffgläser
Ca. 90 % Kunststofffassung (Quelle: ZVA)
Eine Brille wiegt Durchschnittlich ca. 26 g (Nicht repräsentative Erhebung aus meinem Freundeskreis)
Das macht 11,52 Mio. Komplettbrillen zu je 26 g. So kommen wir zu einem Ergebnis von 3000 Tonnen Kunststoff.
Im Allgemeinen kann man daraus schließen, dass hier Potenzial besteht als Kunde Einfluss zu nehmen. Bei der Auswahl der Gläser und der Fassungen.
Die Gläser
Auf die Gläser hast du keinen großen Einfluss, außer du findest heraus welche Gläser verwendet und wo sie hergestellt werden. Die großen Hersteller sind global tätig. Nachhaltigkeit hat hier häufig nicht oberste Priorität.
Doch ein Hersteller hat es sich auf die Fahne geschrieben nachhaltige Brillengläser herzustellen.
Visall Brillengläser hat den Hauptsitz in Lörrach im Süden Deutschlands. Herstellungsstätten sind in Deutschland, der Schweiz und Südeuropa.
Sie sind seit 2019 als Klimaneutral zertifiziert. Auf ihrer Seite kommunizieren sie recht transparent welche Zertifizierungen sie haben. (Quelle)
Die Fassung
Unter nachhaltiger Brillenmode versteht man Brillen, die aus umweltfreundlichen Materialien hergestellt werden und deren Produktion umweltschonend erfolgt. Dabei gibt es verschiedene Ansätze.
Recyclingmaterialien
Eine Möglichkeit, um Brillen nachhaltiger zu gestalten, ist die Verwendung von Recyclingmaterialien. Hierbei können alte Brillen oder andere Kunststoffabfälle wiederverwendet werden. Auch PET-Flaschen oder alte CDs können als Rohmaterial verwendet werden. Brillenhersteller wie ECO Eyewear oder Sea2See setzen auf diese Methode und produzieren Brillen aus recycelten Materialien.
Eco Eyewear verwendet für die Brillen ausschließlich Recyclingmaterial. Außerdem werden für die Präsentation und die Verpackung ausschließlich nachhaltige Materialien wie Bambus, Recyclingpapier oder Maisstärke verwendet. Nach eigenen Aussagen ist die Firma CO2-Negativ, was bedeutet, dass mehr CO2 kompensiert als ausgestoßen wird. Dies geschieht z. B. durch das pflanzen von Bäumen. (Quelle)
Sea2See verarbeitet Kunststoffmüll, den sie selbst als „Marine Plastic“ bezeichnen, zu Granulat um daraus Fassungen herzustellen. Auf der Homepage wird nicht ersichtlich ob das Plastik ausschließlich im Meer oder am Strand gesammelt wird. Ich persönlich gehe davon aus, dass es sich um eine Mischung handelt. Für eine Fassung wird 1 kg Marine Plastic verwendet. Besonders hervorzuheben sind die Zertifikate die Sea2See erhalten hat. Darunter das CRB-NG (Carbon-Negative also CO2-Negativ) und das C2C Gold Zertifikat (Cradle to Cradle / Kreislaufwirtschaft) (Quelle). Die Produktionsstätte befindet sich in Italien.
Biologisch abbaubare Materialien
Auch biologisch abbaubare Materialien werden bei der Brillenmode immer beliebter. Hierbei können zum Beispiel Brillenbügel aus Bambus oder Acetat verwendet werden, das aus natürlichen Rohstoffen wie Baumwolle und Holz hergestellt wird. Das Material ist biologisch abbaubar und kann somit problemlos entsorgt werden, ohne dass die Umwelt belastet wird.
Andy Wolf Eyewear produziert Fassungen aus Bio-Acetat auf Baumwollbasis. Die Produktion findet in Österreich und Frankreich statt. Im Jahr 2022 lief das Projekt „Grow with us“ in dessen Rahmen die Firma pro verkaufte Fassung einen Quadratmeter Wildblumenwiese rekultiviert hat.
Stadtholz fertigt nicht nur Brillengestelle sondern auch Handyhüllen, Fliegen und Armbanduhren aus Holz her. Auch Bio-Acetat aus Baumwollresten kommt zum Einsatz.
Wer etwas ganz spezielles sucht, wird vielleicht bei Holzbrillen.com fündig. Bei Scherler kann aus verschiedenen Designs ausgewählt und durch die Kombination von mehreren Holzarten eine ganz Individuelle Brille hergestellt werden. Freunde von Reenactments werden in der Rubrik „Parillen“ fündig.
Fair Trade und soziale Verantwortung
Neben der Wahl umweltfreundlicher Materialien achten viele Brillenhersteller auch auf soziale Verantwortung. Hierbei geht es darum, faire Arbeitsbedingungen in der Produktion sicherzustellen und sicherzustellen, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter fair bezahlt werden. Manche Marken arbeiten zudem direkt mit lokalen Kleinunternehmen zusammen und setzen auf Fair-Trade-Produktion. Die Brillenhersteller können sich so sicher sein, dass ihre Brillen unter guten Arbeitsbedingungen produziert werden.
Brille spenden
Was aber, wenn eine Brille nicht mehr benötigt wird obwohl sie nicht defekt ist? Dafür kann es verschiedene Gründe geben. Am besten jedoch ist es die Brille nicht in den Müll zu werfen, sondern zu spenden.
Brillen ohne Grenzen unterstützt weltweit Projekte und sammelt außer Brillen auch Gerätschaften von Optikern um vor Ort eine bessere augenärztliche Versorgung zu gewährleisten.
Brillenweltweit hat Sammelstellen in mehreren europäischen Ländern und versorgt bereits seit den 70er Jahren mithilfe von Non-Profit-Organisationen vor Ort Personen, die sich normalerweise keine Brille leisten könnten, mit Sehhilfen.
Extra Tipp
Bei der Recherche zu diesem Artikel hat mir eine Homepage sehr geholfen. Eco-so-lo ist eine Art Suchmaschine bei der man ökologische, soziale und lokale Produkte und Dienstleistungen finden kann.
Zum Schluss
Nachhaltigkeit in der Brillenindustrie ist ein wichtiges Thema, das immer mehr an Bedeutung gewinnt. Durch umweltfreundliche Materialien, biologisch abbaubare Brillen und soziale Verantwortung können wir alle dazu beitragen, unsere Umwelt zu schützen. Es gibt mittlerweile viele tolle Marken, die auf Nachhaltigkeit setzen und somit einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz leisten. Wenn du also das nächste Mal eine Brille kaufen möchtest, kannst du darauf achten, dass sie umweltfreundlich produziert wurde.